Welche Entwicklungsschritte in der Entstehung des FD Golsmaas gab es?
In einem ersten Schritt wurde geplant ein FD für vierzig Familien zu bauen, das war natürlich schon eine richtige Größenordnung für ein touristisch wenig erschlossenes Gebiet. Da mussten verschiedene Gremien zum Beispiel die Gemeinde Kroonsgard, auf deren Gebiet das FD steht, miteinbezogen werden.
Damals fand das Projekt Zustimmung, wenn auch nur für eine Sommernutzung des FD. Die Belegung erfolgte also damals von 01. Mai bis 31. Oktober. Darüber hinaus durfte hier kein Gast sein.
Um 1960 wurde dann der Vertrag unterzeichnet. Da war auch die Grundsteinlegung. Ich weiß es noch ganz genau, weil ich als Kind mit meinem Nachbarn immer im Wald spielte und wir uns Höhlen gebaut haben und hier liefen die Kühe. Plötzlich stand hier umrahmt ein Grundstein – wir konnten uns damals nicht vorstellen, dass hier mal ein FD entstehen soll. Es gab hier nur eine mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen nutzbare Zuwegung . An Autoverkehr war hier nicht denken.
1963 begann der Bau dann, insgesamt sind 40 Häuser entstanden. Ende 1963 kamen die ersten Gäste als Testlauf. Mein Vater hat dann hier so ein bisschen die Aufsicht gemacht. Ich habe dann so nach der Schule mit unserem Trecker und Anhänger Tische und Stühle in die neu entstandenen Häuser gefahren. Hier konnte niemand mit dem LKW durch.
1964 wurde dann das Haupthaus gebaut, in dem auch die Verwaltung unterkommen sollte. Der Kaufmann aus dem Ort hatte hier auch einen kleinen Laden für die Dinge des alltäglichen Bedarfes. 1965, genau am 17. August 1965 war die offizielle Einweihung durch den damaligen Bundesfamilienmister Bruno Heck.
Unsere Familie war weiterhin eingebunden und Vater wurde dann der Verwalter und meine Mutter kümmerte sich um den hauswirtschaftlichen Teil.
Die Nachfrage nach Urlaubsmöglichkeiten im FD war damals sehr groß und so stellte man 1974 den zweiten Bauabschnitt fertig, an den noch der Gedenkstein in der Mitte des FD erinnert. Da wurden nochmal 22 Häuser dazu gebaut.
Wer kam damals?
Das waren Familien mit schulpflichtigen Kindern, die hier in der Ferienzeit kamen. Darüber hinaus gab es auch Unternehmen wie die Ruhrkohle AG, die hier für Ihre Mitarbeitenden mit Kindern Kontingente an Häusern hatten. Sie haben den Aufbau des Feriendorfes unterstützt und hatten dafür zehn Jahre Belegungsrecht in Golsmaas für vier Häuser. Die Mitarbeiter wurden per Bus hergebracht und die bekamen auch hier Essen.
Übrigens haben sich aus diesen Kontakten zu den Unternehmen viele langjährige Gäste ergeben, die mittlerweile schon generationsübergreifend hierher kommen. Wir sprechen hier von 35 bis 40 Besuchen, also Jahre des Aufenthaltes. Das war jetzt auch in der Vor- und Nachsaison geöffnet, so dass auch Familien mit nicht schulpflichtigen Kindern hierher kamen. Vor dem Hintergrund, das andere Reiseformen immer noch sehr kostspielig waren und das Angebot auch begrenzt, wurde diese Möglichkeit gerne angenommen. Die Aufenthaltsdauer war damals auch länger. Mindestens zwei Wochen, wenn nicht drei Wochen waren der Standard.
Aus welchen gesellschaftlichen Schichten kamen die Familien?
Auf jeden Fall waren sie kinderreich. Damals galt des für das gesamte DEW, dass die Familien mindestens drei Kinder haben mussten, davon zwei schulpflichtige Kinder. Das war die Voraussetzung damit sie auch der Gemeinnützigkeit gerecht wurden und dann den Anspruch erlangten hier einen günstigen Urlaub zu verbringen.
Das führte aber auch dazu, dass auch durchaus kinderreiche wohlhabende Familien hierher kamen. Das war dann eine interessante bunte Mischung vieler Schichten und Kreise der Bevölkerung. Die Familien schätzten und schätzen auch heute noch die unkomplizierte Art hier Urlaub zu machen, die Abgeschiedenheit und den hohen Erholungswert abseits von Hektik, Lärm und Stress einer beispielsweisen städtischen Umgebung.
Hier spielten und spielen dann Titel, Status etc. keine größere Rolle – das Erlebnis war die Atmosphäre und das gemeinsame Ferienerlebnis.
Damals gab es noch eine Sichtung der Familien, die hier Urlaub machen wollten durch die Zentrale des Deutschen Erholungswerkes in Hamburg. Kriterien waren beispielsweise wie häufig man schon Urlaub gemacht hatte. So wurde dann sortiert und es musste auch Absagen geben.
Heute können wir hier fast alle Buchungswünsche – abgesehen von der Hochsaison erfüllen.
Wie lief Ihr beruflicher Einstieg hier in die Arbeit im FD Golsmaas?
Ich hatte meine landwirtschaftliche Ausbildung gemacht und dann starb mein Vater plötzlich. Das war 1968. Meine Mutter stand dann alleine hier und wir hatten gerade die Winterbelegung und sie brauchte dringend Unterstützung. Selbst für Weihnachten und Sylvester gab es einiges an Buchungen. Ich blieb dann bei der Arbeit im FD und wurde nach meinem Wehrdienst 1973 dann offiziell angestellt. Seit dieser Zeit gestalte ich die Entwicklung des FD mit und mir sind noch viele Ereignisse sehr präsent. So beispielsweise die Schneekatastrophe 1978 /79. Zu diesem Zeitpunkt waren hier viele Gäste. Mit unserem Unimog versorgten wir die Gäste mit Lebensmitteln, die auch selbst mit Hand angelegt haben, um nicht nur den Schnee zu räumen, sondern auch das FD am Leben zu erhalten. viele Gäste haben da auch mit Hand angelegt, um das FD am Laufen zu halten.
Die Schneekatastrophe hat auch dazu geführt, dass die Häuser durch Bundesmittel wieder modernisiert werden konnten. In den vielen Jahren veränderte sich auch das touristische Umfeld, welches ausgebaut und weiterentwickelt wurde. Es entstanden viele Ferienwohnungen. Die Konkurrenz um Gäste wuchs. Es folgten auch für das FD weitere kleinere Sanierungsschritte, Es ging um die energetische Sanierung – es kamen andere Fenster hinein, eine verbesserte Isolierung folgte.
Was mir auch noch sehr präsent ist, ist die Zusammenarbeit mit vielen Zivildienstleistenden, die im FD Golsmaas arbeiteten. Viele brachten auch handwerkliche gute Fähigkeiten mit, so dass auch sie ihren Beitrag hier geleistet haben. Außerdem brachten sie immer auch neue Ideen und Impulse in die Arbeit hier. Sie machten auch Programm für die Gäste.
Unser Gästeprogramm wurde damals auch stark durch das kirchliche Engagement geprägt, dass insbesondere getragen wurde durch Pastor Ulrich Bienengräber, der viele Veranstaltungen wie Flohmärkte, Wanderungen durch das Naturschutzgebiet oder auch Diskussionsstammtische zu politischen Fragen hier durchführte. Er war über viele Jahre ein echter Aktivposten und sehr beliebt bei Gästen und Einheimischen.
Was hat sich in den Jahren aus ihrer Sicht verändert?
Das Gästeverhalten hat sich stark geändert. Die Ansprüche an einen Urlaub, auch einen der kostengünstig ist, sind gestiegen. Auch die Gestaltung des Urlaubs ist heute anders. Nehmen wir das Beispiel Essen. Früher hatten wir hier in unserem Restaurant täglich 60 bis 70 Personen zum Essen. Das veränderte sich, man will heute selbst kochen und genießt dafür regelmäßige Grillabende, die wir anbieten. Dazu kommt natürlich auch, dass das Budget vieler Familien für Urlaub nicht größer geworden ist.
Unser Reitangebot hat sich aus einem privaten Hobby meiner Töchter zu einer stark nachgefragten Attraktion im FD gemausert. Die Gäste genießen den direkten Kontakt mit den Tieren und nicht wenige kommen auch genau deswegen hier ins FD Golsmaas. Jetzt gibt es eine eigene Koppel mit einem kleinen Stall. Die Kinder stehen von morgens bis abends bei Ihnen und gewinnen auf diese Weise wieder ein anderes Verhältnis zur Natur.
Die Entwicklung ist eigentlich die, dass man merkt, dass der Stellenwert der Erholung hier im FD wichtig ist für die Menschen. Die Entschleunigung, kein Fernsehgerät, kein Computer und Internet nur in einem begrenzten Raum werden langsam wieder zum Wert an sich. Ein Gegengewicht zu einer hektischen Gesellschaft wird gesucht und hier gefunden. Mensch und Natur ist heute ein großer Stellenwert. Sanfter Tourismus ist hier Trumpf. Das FD hat immer noch den Charme der 60er Jahre und ist damit wieder in der Neuzeit angekommen.
Wir erleben hier die generationsübergreifenden Gästescharen. Die selbst als Kinder hier vor Ort waren und nun wieder mit ihren Familien kommen, um hier Urlaub zu machen. Wir erleben hier, dass das eigene Ferienhaus wieder einen Stellenwert bekommt, wo man als Familie wieder gemeinsam kocht etc. und zusammensitzt.
Der Wohlfühlfaktor ist hier wichtig, das war so vor fünfzig Jahren und das ist auch heute noch so. Und dies kann auch generationsübergreifend gedacht werden.